Magdalena Neuner: Porträt einer legende

Magdalena Neuner wurde am 9. Februar 1987 in Garmisch-Partenkirchen geboren und wuchs im nahegelegenen Wallgau auf, einem malerischen alpendorf in Bayern.

Sie ist das zweite von vier kindern von Paul, einem bankangestellten, und Margit Neuner. Schon im alter von vier jahren lernte sie skifahren, wechselte jedoch mit neun jahren zum biathlon, nachdem sie ein probetraining im örtlichen verein absolviert hatte.

„Ich wusste schon mit neun jahren, was ich sportlich machen wollte“, sagte sie 2019 in einem interview mit Sport Conrad.

Ihr vater Andreas, ein ehemaliger skilangläufer auf nationalem niveau, schenkte ihr mit sechs jahren ihr erstes luftgewehr, der grundstein ihrer karriere. Zwischen 1999 und 2002 dominierte sie den deutschen Schülercup mit 29 siegen und vier Meistertiteln in folge.

Mit 16 jahren trat sie dem Zoll-Ski-Team bei, einer von der zollverwaltung geförderten einheit, und absolvierte 2003 ihre ausbildung zur zollhauptwachtmeisterin.

2004 feierte sie bei den Junioren-Weltmeisterschaften in der Haute Maurienne (Frankreich) ihren internationalen durchbruch: gold im sprint und in der staffel sowie silber in der verfolgung.

Ein jahr später, bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Kontiolahti (Finnland), holte sie erneut gold im Sprint und zweimal silber in der verfolgung und staffel. Mit 18 jahren galt sie bereits als eines der größten talente des deutschen biathlonsports.

Wenige monate später gab Neuner ihr debüt im Biathlon-Weltcup und feierte im januar 2007 in Antholz ihren ersten sieg  mit gerade einmal 19 jahren.

„Mein motto ist: gib dein Bestes, damit du nichts bereuen musst“, sagte sie 2017 gegenüber ARD.

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Ein kometenhafter aufstieg

Im februar 2007 nahm Neuner im alter von 20 jahren an ihren ersten Weltmeisterschaften in Antholz teil und gewann sensationell drei goldmedaillen – im Sprint, in der verfolgung und in der staffel. Sie wurde damit zur jüngsten dreifachen Weltmeisterin in der geschichte des biathlons.

Ein jahr später, mit 21 jahren, gewann sie den gesamtweltcup des Biathlon-Weltverbandes IBU. Mit sieben einzelsiegen, unter anderem in Holmenkollen (Oslo) und in Chanty-Mansijsk, war sie die dominierende athletin der saison.

„Ich denke nicht an medien oder zuschauer. Wenn ich die scheiben sehe, blende ich alles aus“, erklärte sie 2017 in einem interview mit Genvive.

Neuner war für ihre herausragende langlaufleistung bekannt: In 44 % ihrer 151 Weltcup-Rennen hatte sie die beste laufzeit (insgesamt 66 mal). Kritisiert wurde sie jedoch wegen ihrer schwankenden leistungen im stehendschießen, 67 % trefferquote im vergleich zu 88 % im liegendschießen (stand 2010).

Bei der WM 2008 im schwedischen Östersund gewann sie erneut drei goldmedaillen: im massenstart, in der staffel und in der mixed-staffel – ein weiterer beweis für ihre überlegenheit.

2009 litt sie unter gesundheitlichen problemen, meldete sich jedoch im märz eindrucksvoll zurück: Beim weltcup in Vancouver gewann sie das staffelrennen und den gesamtweltcup, wurde zudem zweite im sprint.

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Historische dominanz und große titel

Mit insgesamt 34 einzelsiegen im weltcup belegt Magdalena Neuner bis heute den zweiten platz in der ewigen bestenliste, nur übertroffen von Magdalena Forsberg mit 42 siegen.

Sie gewann dreimal den gesamtweltcup (2007/08, 2009/10, 2011/12) sowie sieben disziplinenwertungen, darunter ein rekord mit acht sprintsiegen aus zehn rennen in der saison 2011/12.

Bei den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver holte sie zweimal gold (verfolgung, massenstart) und einmal silber (sprint), obwohl sie im sprint zwei schießfehler hatte.

„Ich habe meine fehler hinter mir gelassen und bin mit ganzem herzen gelaufen“, sagte sie 2010 gegenüber Olympics.com. Bei der abschlussfeier der spiele trug sie die deutsche fahne.

Insgesamt gewann sie bei weltmeisterschaften 17 medaillen – zwölf mal gold, vier mal silber und einmal bronze. Das ist ein rekord bei den frauen.

2011 in Chanty-Mansijsk holte sie drei WM-Titel (sprint, massenstart, staffel) und zwei silbermedaillen (verfolgung, mixed-staffel). 2012 in Ruhpolding gewann sie erneut zweimal gold (sprint, staffel) sowie silber in der verfolgung und bronze in der mixed-staffel.

Auch im sommerbiathlon war sie erfolgreich: 2009 in Oberhof holte sie drei WM-goldmedaillen (sprint, verfolgung, mixed-staffel).

Ihre letzte saison (2011/12) war ihre stärkste: zehn einzelsiege, darunter der 34. und letzte Weltcupsieg in Chanty-Mansijsk.

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Herausforderungen: druck, stalker und früher rücktritt

Neuner musste sich nicht nur sportlichen, sondern auch persönlichen herausforderungen stellen. In den jahren 2009 und 2010 wurde sie opfer mehrerer stalker, darunter ein 44-jähriger mann, der im august 2010 auf ihren balkon in Wallgau kletterte und liebesbotschaften auf ihrem auto hinterließ.

Er wurde 2012 verurteilt – mit der diagnose einer psychischen erkrankung. Beim heim-WM 2012 in Ruhpolding erhielt sie zudem eine morddrohung, was den öffentlichen druck zusätzlich erhöhte.

„Manchmal fühlte ich mich erdrückt von der aufmerksamkeit“, sagte sie 2011 gegenüber Die Welt.

Im märz 2012 verkündete Neuner im alter von nur 25 jahren überraschend ihren rücktritt vom profisport – aus mangelnder motivation und dem wunsch nach einem normalen leben.

„Ich habe alles gegeben, aber ich will ein leben außerhalb des rampenlichts“, erklärte sie gegenüber Olympics.com.

Ihr letztes rennen, ein massenstart in Chanty-Mansijsk, beendete sie auf rang sechs. Eine rückkehr in den wettkampf oder als trainerin schloss sie kategorisch aus, stattdessen widmet sie sich ihrer familie und ihren hobbys wie wandern und stricken.

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Ein Leben nach dem biathlon

Seit ihrer hochzeit mit Josef Holzer im jahr 2014 lebt Magdalena Neuner, inzwischen Holzer, wieder in ihrem heimatort Wallgau, gemeinsam mit ihren drei kindern.

Sie ist weiterhin eine beliebte öffentliche figur in Deutschland und arbeitet regelmäßig mit sponsoren wie Erdinger oder Adidas zusammen.

Als TV-Expertin kommentierte sie biathlonrennen für die ARD und moderierte von 2013 bis 2014 die unterhaltungssendung Star Biathlon an der seite von Matthias Opdenhövel. Bei den Weltmeisterschaften 2025 war sie auch als expertin für Eurosport im einsatz.

Neuner engagiert sich zudem für umwelt und tierschutzprojekte und unterstützt bildungsprogramme für jugendliche.

Sie veröffentlichte außerdem zwei bücher über ihre leidenschaft für das stricken: Sieger-Maschen (2010) und Strickfilzen (2011).

Ihr vermögen, das auf mehrere millionen Euro geschätzt wird, stammt aus sponsorenverträgen und ihrer medienpräsenz.

„Biathlon bleibt in meinem herzen, aber meine familie ist heute meine priorität“, sagt sie – und bleibt damit eine ikone für generationen von fans.

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Kurioses und persönliche anekdoten

2007 lehnte sie ein angebot vom Playboy ab – entschied sich aber 2010 für eine unterwäschekampagne, um ihr image zu verändern.

Bei der abschlussfeier der Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver trug sie als fahnenträgerin das deutsche banner, eine besondere ehre nach drei medaillen.

„Das war ein moment, den ich nie vergessen werde“, erklärte sie gegenüber Olympics.com.

Ihr waffentechniker Sandro Brislinger beschrieb sie als pragmatische athletin: „Lena wollte keine dekorationen auf ihrem gewehr, sie wollte nur wissen, wie man wie die besten schießt.“

Erfolge und statistiken

  • Weltcup: 3 Gesamtsiege (2007/08, 2009/10, 2011/12), 7 Disziplinwertungen, 34 Einzelsiege, 9 Staffelsiege, 3 Mixed-Staffelsiege
  • Olympische Spiele: 2x Gold (Verfolgung, Massenstart – Vancouver 2010), 1x Silber (Sprint – Vancouver 2010)
  • Weltmeisterschaften: 12x Gold, 4x Silber, 1x Bronze
  • Junioren-WM: 5x Gold, 2x Silber
  • Sommer-WM: 3x Gold (2009)
  • Auszeichnungen: Deutschlands Sportlerin des Jahres (2007, 2011, 2012), Holmenkollen-Medaille (2012)
  • Schlüsselzahlen: 44 % der Rennen mit bester Laufzeit, 63 Podestplätze in 175 Rennen, Trefferquote 88 % liegend, 67 % stehend (2010)